Aufwühlend, aufklärend, alarmierend
Aufwühlend, aufklärend, alarmierend
»Das Ungesagte« ist ein bedeutsames Zeitdokument und eine Mahnung in der Gegenwart (PDF)
Der Film »Das Ungesagte« beleuchtet ein bis heute ungelöstes Kapitel deutscher NS-Geschichte: die individuell psychologischen und gesellschaftlichen Folgen. Eindrucksvoll lassen die Regisseure Patricia Hector und Lothar Herzog Zeitzeug:innen zu Wort kommen, die in den Nationalsozialismus hineinwuchsen. Die Interviewten erinnern sich an ihre Erziehung, ihre Nazi-Prägungen, an Erfahrungen im Krieg. Sie schildern ihre damaligen Überzeugungen, manchmal sprechen sie vorsichtig von Schuld. Gewissensbisse und Fragen nach der eigenen Verantwortung stehen immer wieder unausgeprochen im Raum.
Hector und Herzog fragen kritisch nach, schonungslos und zugleich respektvoll. Die Antworten zeigen, dass damals selbst junge Menschen die Verbrechen mitbekamen – die Tatsachen aber oft nicht wahrhaben wollten. Die Filmemacher entlasten ihre Zuschauer:innen nicht, sondern konfrontieren sie mit den ambivalenten Gefühlen und Abwehrhaltungen ihrer Protagonist:innen. So sehen die schrecklichen Folgen von Faschismus aus. Wer genauer hinsieht, findet sie in der eigenen Familie.
Den Erzählungen der Mitläufer:innen werden die quälenden Erinnerungen und traumatischen Erfahrungen jüdischer Verfolgter derselben Jahrgänge gegenübergestellt. Dieser Kontrast zum Verschweigen und Ignorieren in der Tätergesellschaft macht bedrängend deutlich, wie die Schuld bis heute weiterwirkt.
In diesem wichtigen Zeitdokument wird vieles gesagt, was bislang ungesagt geblieben war. Und doch bleibt am Ende vieles verschwiegen. So treten auch nonverbal die Spuren und Narben in Erscheinung, die die menschenverachtende Politik der Nazis in den Opfern und Überlebenden und, auf ganz andere Weise, in den durch Täterschaft gezeichneten Menschen hinterlassen hat.
Das spür- und sichtbar zu machen, zeichnet diesen beeindruckenden Film aus, macht ihn zu einer bedeutsamen Mahnung in der Gegenwart.
Alexandra Senfft, Autorin von »Schweigen tut weh. Eine deutsche Familiengeschichte«, 2. Vorsitzende des Arbeitskreis für Intergenerationelle Folgen des Holocaust, PAKH.de

